5 Fragen an den TV-Helden Lars Riedel
Seit Monaten fragt sich die TV-Branche, was macht eigentlich Lars Riedel. Es war still um den ehm. VP/Head of Consumer Entertainment bei Vodafone, Head of TV bei Sunrise, Content Manager TV&VOD bei Unitymedia/Liberty Global UND TV-Held (Folge 18) geworden – aber jetzt habe ich ihn kurzfristig angepingt, ihn gefragt und er hat JA gesagt. Uns verbinden 19 gemeinsame Jahre in der TV-Branche und deswegen freue ich mich besonders, dass er uns hier seinen persönlichen Blick auf die Branche wiedergibt.
Was treibt Dich aktuell in Deinem Job am meisten an?
Mich faszinieren Transformationen – besonders dort, wo klassische Strukturen auf neue Technologien treffen. Ich beschäftige mich intensiv mit der Frage, wie traditionelle Unternehmen (bspw. Printunternehmen) Bewegtbildformate nutzen können, um junge Zielgruppen zu erreichen – ohne dabei ihre redaktionelle Identität zu verlieren. Die Kombination aus KI, strategischem Content-Matching und neuen Distributionswegen eröffnet hier riesige Chancen. Parallel arbeite ich an einem nachhaltigen Startup-Hub in der Schweiz – denn auch der Wandel braucht ein solides Fundament. Als Kölner in Zürich bin ich es gewohnt, Brücken zu schlagen – ob zwischen Kulturen, Ideen oder Branchen.
Wie hat sich dein Blick auf Fernsehen in den letzten zwei Jahrenverändert?
Fernsehen hat für mich in den letzten zwei Jahren eine Verschiebung erlebt – von einem kontrollierten System hin zu einem offenen, oft chaotischen Streaming-Kosmos. Persönlichkeiten wie Knossi zeigen, dass Reichweite heute anders entsteht – nämlich aus Communities, nicht aus Programmplänen. Gleichzeitig war der Wegfall des Nebenkostenprivilegs in Deutschland ein vermeintlicher Gamechanger. Sowohl Telcos wie die Deutsche Telekom als auch Web-Streamer hatten sich erhofft, dadurch massiv neue Kunden zu gewinnen – doch die Realität sieht ernüchternd aus. Der Markt ist träge geblieben, viele Nutzer wechselten schlicht gar nicht. Und in der Werbevermarktung spitzt sich die Krise weiter zu. Für mich ist das ein deutliches Signal: Die Branche muss neue B2B-Modelle entwickeln und verstehen, wie Formate für jüngere Zielgruppen wirklich funktionieren – sonst bleiben Chancen ungenutzt.
Welche Entwicklung in der Branche beobachtest du gerade mit Spannung – und warum?
Ich finde es hochspannend zu beobachten, wie sich neue Geschäftsmodelle an der Schnittstelle von Medien und Künstlicher Intelligenz entwickeln. Besonders relevant ist für mich die Frage, wie KI-Unternehmen wie OpenAI mit urheberrechtlich geschützten Inhalten umgehen – gerade im Bewegtbildbereich. Viele große Modelle haben bereits das Internet inklusive YouTube durchforstet, ohne dass rechtlich abschließend geklärt ist, wer davon profitiert – oder ob Content-Produzenten rückwirkend entschädigt werden. Es geht hier um nicht weniger als die Zukunft der Wertschöpfung im digitalen Raum.
Parallel entstehen im Streaming- und TV-Umfeld erste B2B-Modelle, bei denen Content effizienter und intelligenter distribuiert werden soll – oft gestützt durch KI. Die Medienbranche muss ihre Inhalte strategisch und rechtlich besser absichern, um in der KI-getriebenen Ökonomie nicht nur Zuschauer zu behalten, sondern echte Mitgestalter der Wertschöpfung zu bleiben.
Wenn du einen Wunsch für die Zukunft des Fernsehens frei hättest – welcher wäre das?
Ich wünsche mir endlich einen einheitlichen, transparenten KPI für TV-Reichweiten – und zwar plattformübergreifend. Es kann nicht sein, dass wir im Jahr 2025 noch immer nicht genau wissen, wie viele Menschen eine Sendung gesehen haben, wenn sie sie zeitversetzt oder in der Mediathek schauen. Alle Beteiligten – von Sendern über Plattformen bis hin zu Vermarktern – schlafen an diesem Punkt. Dabei wäre ein klarer Messstandard nicht nur fairer für Inhalteanbieter, sondern auch essenziell für eine zukunftsfähige Vermarktung und Programmentwicklung.
Dein persönlicher TV-Hack, -Ritual oder Fernsehtipp?
Ich freue mich riesig auf den Eurovision Song Contest in Basel – nicht nur, weil es ein schrilles Spektakel wird, sondern weil es in diesen Zeiten ein dringend benötigtes Zeichen für Toleranz, Vielfalt und europäischen Zusammenhalt setzt. Mein Tipp: einfach mal das Handy beiseitelegen, Freunde einladen, Punkte vergeben und gemeinsam feiern – Fernsehen als echtes Live-Erlebnis, das verbindet. Und ja: In meinem Fall wird dazu auch gerne ein kölsches „Alaaf“ in die Zürcher Nacht gerufen.
[zur Folge 18 aus dem Jahr 2022 geht es hier]
Vielen Dank lieber Lars Riedel